Der Athlet
Der Sportler und sein Rad
Walter Rütts Körpergröße betrug 173 cm, sein Wettkampfgewicht 81 Kilogramm. Auf der Höhe seines Könnens bevorzugte er bei Fliegerrennen eine Übersetzung von 25 x 7 = 96 Zoll, die ihm einen Raumgewinn von 7,68 Metern pro Kurbelumdrehung verschaffte. Die Kurbellänge betrug 170 Millimeter, die schnellste Zeit für die letzten 200 Meter 11,3 Sekunden = 63,71 km/Std.
Seine größten Erfolge verbuchte er auf Rädern der Marke "Torpedo". Einem Katalog aus dem Jahr 1914 entstammt die unten gezeigte Abbildung des Weltmeisterrades, dessen Rahmen auch mit Innenlötung erhältlich war. Leider wird bei den Angaben nicht der damalige Verkaufspreis erwähnt.
Während die Sitzposition 1901 eher an einen Steher erinnert, wirkt sie 1912 dank veränderter Rahmengeometrie deutlich effektiver.
Das Trikot
In den frühen Jahren des Bahnradsports trug jeder Profi ein Trikot in seinen ganz speziellen Farben. Damit war er während der Rennen auch von den Zuschauern auf den hinteren Rängen gut zu erkennen.
Bei der Anmeldung zu einem Wettkampf war der Fahrer verpflichtet, die Lizenznummer und die Farben seines Trikots anzugeben. Das Kleidungsstück wurde stets in der Art getragen, dass sich die Knopfleiste auf der linken Seite befand.
Foto: Universitätsarchiv Stuttgart
Das hier gezeigte Trikot von Walter Rütt wird im Archiv der Universität Stuttgart aufbewahrt. Es ist Bestandteil eines Nachlasses von Hermann Sauter, der ein großer Verehrer des Weltmeisters war.
Sauter, ein vermögender Geschäftsmann und leidenschaftlicher Sammler, lud Walter Rütt 1951 zu einem mehrwöchigen Besuch nach Stuttgart und später zu einer Reise nach Dänemark ein. Ob Sauter das Kleidungsstück käuflich erwarb oder von Walter Rütt geschenkt bekam, ist nicht bekannt.
Das Trikot weist an mehreren Stellen Risse auf, ein sicheres Indiz für intensiven Gebrauch und viele Stürze. Die in den selben Farben gefertigte Mütze kam nur selten zum Einsatz. Es gibt eine Vielzahl von Abbildungen, die Walter Rütt mit einer Kopfbedeckung zeigen, jedoch nie mit diesem Modell.
Was ihn dazu bewogen hat, gerade die Farben Schwarz und Grün zu seinem Markenzeichen zu machen, ist nicht überliefert.
Die Ausrüster
Während seiner 25jährigen Laufbahn wechselte er mehrfach den Ausrüster seiner Rennmaschinen. Die Tabelle zeigt das Jahr in welchem Verträge abgeschlossen wurden sowie die verwendete Marke.
Bei sämtlichen Rädern kamen ausschließlich Reifen der Marke "Continental" zum Einsatz.
Der Speiseplan eines Champions
"Während des Sechstagerennens nehme ich die Mahlzeiten zu den üblichen Essenszeiten ein, aber ich führe meinem Körper zwischen diesen Mahlzeiten leicht verdauliche Dinge zu. Mäßigkeit ist die Hauptsache. Ein überladener Magen würde bei einer Anstrengung übel reagieren, dagegen werden leichte Speisen während des Fahrens leicht verdaut.
Die Lebensgeister kann der Sechstagefahrer durch gutes Essen und Trinken auffrischen, aber auf einer langen Fahrt begegnen ihm andere Widerwärtigkeiten, denen er Herr werden muss. Die Handgelenke und die Arme leiden durch das Stützen auf der Lenkstange, die Rückenmuskulatur beginnt zu schmerzen und der Nacken schickt sich an, steif zu werden. Hier muss der Masseur eingreifen."
"Ich bin nie Vegetarier gewesen. Während des Sechstagerennens habe ich Fleisch in jeder Zubereitung zu mir genommen und mir auch ein Glas Bier nicht versagt. Hühnerfleisch, Hühnerbrühe und der amerikanische Beef-Tea werden von vielen Sechstagefahrern bevorzugt, desgleichen Früchte und Gemüse.
Sekt, in kleinen Qualitäten genossen, tut keinen Schaden, Kaffee oder Tee sind aber als Getränk zu bevorzugen. Ein Glas Porter erfrischt und beschleunigt die Verdauung, auf die der Sechstagefahrer sein besonderes Augenmerk zu richten hat."
In den frühen Jahren des Berliner Sechstagerennens hatte jede Mannschaft in den Katakomben der Halle ihre eigene Küche, in der ein Berufskoch für seine zwei Fahrer und meist vier Helfer kochte, briet, schmorte und buk.
Vertragsbruch?
Während ihrer Bahntourneen in Australien benutzten Walter Rütt sowie alle anderen Fahrer aus Europa und den USA Räder der Marke "Massey Harris", obwohl sie bei anderen Herstellern unter Vertrag standen. Ob für die Rennen auf dem fünften Kontinent gesonderte Klauseln bestanden, ist nicht bekannt.
Im "Illus" erschien 1904 eine Anzeige des Radherstellers "Corona", in der Walter Rütt vorgeworfen wurde, Vertragsbruch begangen zu haben, da er nun auf "Panther-Rädern" fuhr, obwohl sein Vertrag mit Corona noch Gütigkeit habe.
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