Sixdaystraining
Schlaflos in Paris
Nachdem Walter Rütt den Vertrag für das New Yorker Sechstagerennen 1906 unterzeichnet hatte, begann er, seinen Körper auf die zu erwartende Belastung vorzubereiten. Die Vorgehensweise, die er dabei anwandte, erscheint heute skurril und widerspricht jeder modernen Trainingslehre.
Einen Monat lang setzte er sich bewusst extremem Schlafentzug aus und verteilte die wenige Zeit im Bett auf ungleichmäßige Intervalle. In den wachen Stunden absolvierte er tagsüber kurze Einheiten Krafttraining mit hoher Intensität.
Auf dem Rad übte er schnelle Starts und Steigerungsfahrten bis zu einer Viertelstunde im höchsten Tempo. Damit simulierte er die Jagden, die den härtesten Teil des Rennens ausmachen würden.
Jede Nacht startete er von seinem Wohnsitz, dem Pariser Vorort Courbevoie, dreimal zu einer Runde durch die Nachbarbezirke und wählte dabei absichtlich Passagen mit Kopfsteinpflaster. Diese Prozedur sollte den Ledersattel exakt der Form des Gesäßes angleichen und damit spätere Sitzbeschwerden verhindern. Außerdem zwang er sich, häufig und zu ungewohnten Zeiten kleine Mahlzeiten einzunehmen, um seinen Magen daran zu gewöhnen.
Während der sechstätigen Schiffsreise in die USA konservierte er die Form durch Rollentraining und Seilspringen.
Alles sauber?
Die Frage, ob er immer "sauber" gewesen sei, beantwortete Walter Rütt einmal sehr vage: "Ich habe als Rennfahrer kein direktes Doping zu mir genommen, ich kann allerdings nicht beschwören, dass mir mein Manager nicht etwas in die Speisen getan hat, was mich widerstandsfähiger machte."
stets eine große Belastung."
Der Speiseplan eines Champions
"Während des Sechstagerennens nehme ich die Mahlzeiten zu den üblichen Essenszeiten ein, aber ich führe meinem Körper zwischen diesen Mahlzeiten leicht verdauliche Dinge zu. Mäßigkeit ist die Hauptsache. Ein überladener Magen würde bei einer Anstrengung übel reagieren, dagegen werden leichte Speisen während des Fahrens leicht verdaut.
Die Lebensgeister kann der Sechstagefahrer durch gutes Essen und Trinken auffrischen, aber auf einer langen Fahrt begegnen ihm andere Widerwärtigkeiten, denen er Herr werden muss. Die Handgelenke und die Arme leiden durch das Stützen auf der Lenkstange, die Rückenmuskulatur beginnt zu schmerzen und der Nacken schickt sich an, steif zu werden. Hier muss der Masseur eingreifen."
"Ich bin nie Vegetarier gewesen. Während des Sechstagerennens habe ich Fleisch in jeder Zubereitung zu mir genommen und mir auch ein Glas Bier nicht versagt. Hühnerfleisch, Hühnerbrühe und der amerikanische Beef-Tea werden von vielen Sechstagefahrern bevorzugt, desgleichen Früchte und Gemüse.
Sekt, in kleinen Qualitäten genossen, tut keinen Schaden, Kaffee oder Tee sind aber als Getränk zu bevorzugen. Ein Glas Porter erfrischt und beschleunigt die Verdauung, auf die der Sechstagefahrer sein besonderes Augenmerk zu richten hat."
In den frühen Jahren des Berliner Sechstagerennens hatte jede Mannschaft in den Katakomben der Halle ihre eigene Küche, in der ein Berufskoch für seine zwei Fahrer und meist vier Helfer kochte, briet, schmorte und buk. Trotz dieser Versorgung verlor Walter Rütt während eines Sechstagerennens durchschnittlich vier Kilogramm seines Körpergewichts.
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